Nora will einen Orgasmus, eine Teilzeitstelle und das Recht als Frau abstimmen zu dürfen. Doch 1971 in einem kleinen Schweizer Dorf, sind diese Dinge nicht so einfach zu bekommen. In der Komödie Die göttliche Ordnung befasst Regisseurin Petra Volpe mit der Einführung des Schweizer Frauenstimmrechts.
Kategorie: Reviews
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Arrival [Review/Kino] – anspruchsvolle First-Contact Sci-Fi
Mit Arrival kreiert Regisseur Dennis Villeneuve ein ganz eigenes Werk voller Wissenschaft und Emotionen und weicht damit von den altbekannten First-Contact Actionfilmen ab.
An verschiedenen Orten auf der Erde landen 12 Raumschiffe. Um mit den Aliens zu kommunizieren, wird die Linguistin Louise Banks und ein Team von Wissenschaftlern beigezogen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit erhält sie den Auftrag herauszufinden, was die Aliens auf der Erde wollen. Keine einfache Aufgabe, da die Ausserirdischen eine total fremdartige Form der Sprache nutzen.
Filme zum Thema Erstkontakt mit Aliens gibt es bereits Unmengen. Meist laufen aber gerade grosse Hollywood-Blockbuster am Ende doch nur auf eine Menge Actionszenen heraus. Regisseur Dennis Villeneuve geht einen anderen Weg und legt den Fokus ganz auf die Kommunikation mit den Aliens. Für einmal stehen keine Actionhelden, sondern Wissenschaftler im Zentrum.
Die Aliens sind somit nicht einfach nur ein Gimmick für die nächste Actionsequenz. Was wäre, wenn man tatsächlich einer ausserirdischen Spezies begegnen würde? Regisseur Villeneuve erfasst sowohl die Faszination, als auch die Überforderung gegenüber dem Unbekannten meisterhaft in Bildern. Mit Unterstützung der grandiosen Musik von Jóhan Jóhansson versetzt er die Zuschauer in den Kopf von Louise. Bereits in Sicario (2015) arbeiteten Villeneuve und Jóhannsson zusammen und auch in Arrival erfassen Bild und Musik zusammen meisterhaft Emotionen und erzeugen Stimmungen.
Dass Louises Gefühlsleben derart fassbar wirkt, ist aber auch Darstellerin Amy Adams zu verdanken. Von Louises anfänglicher Neugierde, über ihren ersten Schock bis hin zu ihrem langsamen Begreifen der fremdartigen Alienkultur trägt Adams den Film grandios auf ihren Schultern.
Auch bei den Reaktionen der restlichen Welt stehen Elemente wie geleakte Bilder, Massenpaniken und Hetzvideos für Realismus statt überbordende Explosionen. Tatsächlich sehen sich die Wissenschaftler nicht nur vor der Herausforderung mit den Aliens zu kommunzieren, sondern auch unter immer stärker werdendem Druck durch internationale Konflikte und Kriegstreiber. Landeten die Raumschiffe doch verstreut überall auf der Erde und nicht alle Regierungen sind gleich offen gegenüber den fremden Besuchern.
Am Ende ist Arrival aber auch ein Lobpreis auf die Wichtigkeit der Sprache, auf ihre oft unterschätzte Wirkung auf unser Denken und Handeln. Wie sie Wesen zusammenbringen und spalten kann. Nicht zuletzt nutzt Drehbuchautor Eric Heisserer auch geschickt bekannte Muster der Filmsprache aus, um seine Geschichte raffiniert zu erzählen.
Fazit
Sprachwissenschaft und Philosophie statt Actionfeuerwerk. Arrival ist ein Film über Erstkontakt, bei dem tatsächlich einmal der Kontakt mit den Aliens im Vordergrund steht. Villeneuve und Jóhannsson kreieren erneut eine fesselnde Kombination aus Cinematographie und Musik.4.5/5 Sterne
Arrival läuft aktuell in den Schweizer Kinos.
Arrival (2016), Regisseur: Denis Villeneuve, USA.
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Under the Shadow – feiner psychologischer Horror [Review/ZFF]
Theran, 1980er Jahre, mitten im Irak-Iran Krieg. Shideh verbleibt mit ihrer Tochter alleine in der Wohnung, als seltsame Vorkomnisse sich häufen. Under the Shadow setzt wie The Babadook auf reale Ängste, die sich in Übersinnlichem verkörpern.
Shideh fühlt sich eingeengt. Ihre Vergangenheit als politische Aktivistin hindert sie daran ihr Medizinstudium fortzusetzen und auf die Strasse kann sie nur mit angemessener Kopfbedeckung. Regelmässiger Bombonalarm prägt den Alltag der Familie. Als ihr Mann für den Krieg eingezogen wird, bleibt sie alleine mit ihrer Tochter in der Wohnung zurück.
Über die Ängste des kleinen Mädchen schleicht sich aber bald eine weitere Präsenz in das Haus ein. Gleichzeitig verlassen immer mehr Nachbarn das Haus, um vor der steigenden Bombendrohung zu fliehen. So kreiert Regisseur Babak Anvari eine zunehmende Isolation von Mutter und Tochter. Zwischen Krieg, Unterdrückung und übersinnlicher Bedrohung zerfällt Shireh zunehmend im verzweifelten Versuch ihre Tochter zu schützen.
Das eingedrungene Wesen tritt dabei nur selten, dafür absolut wirksam tatsächlich in Erscheinung. Begleitet von Wind und anderen unter die Haut gehenden Geräuschenz, in Gestalt von underbewussten Ängsten. Die lauernde Gefahr hat stets genug Präsenz, um den Zuschauer die Nackenhaare aufzustelle, ist aber zugleich so subtil, dass die generierten Ängste stets real wirken. Sie treibt langsam einen Keil zwischen Mutter und Tochter, weswegen Under the Shadow nicht nur Horrorfilm, sondern stellenweise auch Drama ist. Kein Wunder holte sich der Film am NIFFF die „Narcisse“ für den besten Spielfilm. Ein weltweiter Deal mit Netflix dürfte ihn zudem bald auf das Streamingportal bringen.
Fazit
Psychologischer Horror vom feinsten: Regisseur Babak Anvari schafft innerhalb des abgegenzten Mikrokosmos eines Hauses eine unheimlich paranoide Stimmung mit einem grandiosen Darstellerduo.
4.5/5 Sterne
UPDATE: Under the Shadow ist jetzt auch auf Netflix DE.
Under the Shadow läuft am 30.09.16 um 22:30 noch einmal am Zurich Film Festival.Under the Shadow (2016), Regisseur: Babak Anvari, Iran/Jordan/Qatar/UK.
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The Lure [Review/NIFFF]
Meerjungfrauen wird nachgesagt mit ihren Stimmen alle verzaubern zu können. Als die Nixen-Schwestern Silver und Golden auf eine Musikerfamilie treffen, scheint es deswegen erst perfekt zu passen. Ihre gemeinsamen Auftritte im Nachtclub sind rasch umfeiert. Allerdings wird Meerjungfrauen auch nachgesagt, dass sie angelockte Matrosen gerne selbst verspeisen…
Marta Mazurek als Silver und Michalina Olszanska als Golden verzaubern als Meerjungfrauen tatsächlich vom ersten Augenblick an. Auch die animalische Seite der Nixen tragen sie unheimlich überzeugend. Dabei werden sie unterstützt von einem clevern Sounddesign, dass ihnen raubtierartiges Knurren und Sonar als zusätzliches Kommunikationsmittel verleiht.
Dazu gibt es in einem Musicals natürlich eine Menge Musik. Diese sind keine Ohrenwürmer, aber dank der guten Sänger durchaus hörenswert. Zu Beginn gibt es das eine oder andere etwas wahllos eingesetzte Musikstück, aber zunehmend werden die Lieder weniger und dafür effektiver eingesetzt.
Neben der kannibalischen Neigung und ihrer süchtmachenden Präsenz, haben die Schwestern aber noch andere Eigenheiten. Der Film ist nämlich keinesfalls reiner blutiger Horror. Viel eher nimmt ein grosser Teil auch eine Art düstere Neuinterpretation von Der kleinen Meerjungfrau ein. Wer sich darüber aufregt, dass Disneys Ariel durch Anpassung ihren Prinzen bekommt, dem dürfte die Botschaft von The Lure wesentlich mehr zusagen.
Fazit
The Lure ist feines Fantasy-Musical, das eine Neuinterpretation des bekannten Märchens „Die kleine Meerjungfrau“ bietet, dabei aber wesentlich näher an der düsteren Version von Andersen liegt, als an der netten Version von Disney.4/5 Sterne
The Lure läuft am 8.7.16 noch einmal am Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF).
The Lure (2015), Regisseurin: Agnieszka Smoczynska, Polen.
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HUSH – leiser Thriller mit intelligenten Charakteren [Review]
Alleine lebende Frau, abgelegenes Haus und ein psychopatischer Killer. Ein klassischer Horror-Thriller, der nicht nur sehenswert ist, weil er mit seiner taubstummen Protagonistin etwas Neues wagt.
Autorin Maddie Young (Kate Siegel) lebt alleine in einem abgelegenen Haus und versucht in Ruhe ihr nächstes Buch fertig zu schreiben. Eines Abends taucht jedoch ein psychopatischer Killer auf, der in der taubstummen Maddie das perfekte Opfer erkennt. Maddie ist alleine auf ihre Sicht und andere Tricks angewiesen, um den Killer zu überlisten.
Mehr als einmal versetzt Regisseur Mike Flanagan dabei den Zuschauer in Maddies Situation, dreht immer wieder den Ton ab. Gibt Einblick, wie sie die Situation wahrnimmt, um im richtigen Moment den Ton wieder hochzufahren. Gezielte Geräusche mit seltener subtiler Musik bilden den Klangteppich. Nur selten erhält der Zuschauer mehr Informationen als Maddie, meist bleibt er mit ihr im Haus gefangen, nicht ahnend was der Angreifer als Nächstes plant.
Kate Siegel trägt Maddies Momente blosser Panik ebenso überzeugend, wie ihren Willen weiterzukämpfen. Ihr Angreifer wird bedrohlich gespielt von John Gallagher Jr., der erst kürzlich in 10 Cloverfield Lane (2016) in einer ganz anderen Rolle begeisterte. Dabei verzichtet er bald auf seine Maske und jegliche anderen überzeichnenden Elemente, die Thriller-Killern sonst gerne angehängt werden. Der Angreifer ergötzt sich an seiner deutlichen Überlegenheit. Er weiss, dass er einfach ein Fenster einschlagen könnten, spielt aber lieber mit seiner Beute.
Dabei haben die beiden Drehbuchautoren Mike Flanagan und Kate Siegel ein Katz und Maus Spiel geschrieben, dass keine billigen Schockeffekte oder extra dumme Charaktere nötig hat. Grosse Wendungen gibt es zwar nicht, aber die subtile Spannung hält von Anfang bis Ende. Spannung, nicht Ekel. Auch auf übermässige Gewaltdarstellung verzichtet Flanagan.
Fazit
Die Geschichte ist gradlinig und bis auf die taubstumme Protagonistin nicht bahnbrechend neu. Die gelungene Inszenierung und frische Elemente machen aus Hush dennoch einen leisen, intelligenten und spannenden Kammer-Thriller.4/5 Sterne
Hush läuft momentan nur auf Netflix.
Hush (2016), Regisseur: Mike Flanagan, USA, Thriller.