Eine unerwartete Leiche im Kofferraum führt zu einem Kumpel-Roadtrip um jene wieder loszuwerden. Dabei brechen alte Wunden und neue Lügen an die Oberfläche. Regisseur Jon Cvack hat seinen Indie-Film über Kickstarter finanziert.

Frank hat sich dem Alltagstrott schon lange unterworfen. Gleichgültig in Job und Ehe dämmert er vor sich hin, bis sein alter Freund Jack in der Stadt auftaucht. Zusammen erscheinen sie unerwartet an einer Party, wo Frank prompt seine Frau beim Fremdgehen erwischt. Wütend betrinkt sich Frank in einer Bar und lässt sich auf einen One-Night Stand mit Ruby ein. Das böse Erwachen folgt kurz darauf: Frank findet am frühen Morgen Rubys Leiche in seinem Auto. Überzeugt davon als Erster verdächtig zu werden, entscheidet er zusammen mit Jack die Leiche verschwinden zu lassen. Praktisch, dass er für seinen Arbeit sowieso für sechs Monate in den Norden reisen muss. Jetzt findet der Roadtrip halt zusammen mit Jack und einer Leiche im Kofferraum statt.  Dabei treffen die beiden auf alte Bekannte und skurille Unbekannte.

Frank und Jack werden als klare Gegensätze etabliert. Jack ist der Lebeman, Frank scheint alles sowieso egal zu sein. Dadurch bleibt Franks Charakter etwas blass, da er während den ersten zwei Dritteln nie wirklich aus seiner Lethargie ausbricht. Dies zieht den ersten Teil der Reise trotz guter Dialoge in die Länge. Zumal Rubys Tod von Frank und Jack stets nur als störende Sache und vom Film nur als Handlungsauslöser betrachtet wird.

Zum Glück bringt Road to the Well aber andere herausragende Dinge mit: starke cinematographische Szenen, die Musik und der letzte Drittel des Films.

Der Soundtrack von Conor Jones macht in vielen Szenen die schwachen emotionalen Reaktionen der Protagonisten wett. Von Beginn weg kreiert er mit der Musik eine angespannte Stimmung, die klar macht, dass unter der Oberfläche mehr schwellt. Wunderbar ist auch seine Vertonung des Besuchs von alten Bekannten. Rasche Rythmik greift den sorgfältigen sozialen Tanz auf, den die Charaktere in dialogform führen.

Die Musik läuft auch fliessend mit der starken Cinematographie von Kameraman Tim Davis zusammen. Gerade in Nachtszenen kreieren beide zusammen eine wundebare unbequeme Noir-Stimmung

Und dann kommt endlich der wirklich gute letzte Teil. Der Film wechselt von Roadtrip zu Kammerspiel und legt schlagartig an Spannung zu. Ohne zu viel zu verraten: Lügen, Bekenntnisse und alte Begierden brechen zwischen den Männern an die Oberfläche und erlauben den Darstellern endlich aus dem Vollen zu schöpfen. Zudem taucht Marshall R. Teague als Dale auf, dessen Präsenz alleine das Geschehen wesentlich bereichert. Die Charaktere umkreisen sich nun sorgfältig, während immer mehr Bekenntnisse auftauchen und die Musik im Hintergrund das Schauspiel passend begleitet. Die lange aufgebaute Katharsis lässt am Ende keinen Charakter ganz ohne Schuld zurück.

Fazit
Der Noir-Roadtrip Road to the Well zieht sich trotz genialer Musik und guter Cinematographie in den ersten zwei Dritteln etwas hin,  überrascht aber mit einem grandiosen letzten Kammerspiel-Drittel, dessen Explosion von Lügen und versteckten Absichten zwischen alten Kumpeln sehenswert ist.

3.5/5 Sterne

Road to the Well ist momentan nicht direkt in der Schweiz erhältlich, aber auf amazon.com als DVD sowie auf diversen US Video on Demand Portalen.

 

Road to the Well (2016), Regisseur: Jon Cvack, USA.