Schlagwort: Netflix

  • Altered Carbon [Review] – Cyberpunk Neo-Noir

    Altered Carbon [Review] – Cyberpunk Neo-Noir

    Altered Carbon 1. Staffel

    Was wäre, wenn Unsterblichkeit käuflich ist?

    Gute Zeiten für Cyberpunk Liebehaber: Nach Blade Runner2044 im Kino, bringt Netflix eine sehenswerte Cyperpunk-Serie. Altered Carbon ist eine Verfilmung des gleichnamigen Buchs von Richard K. Morgan.

    Das Jahr 2348: Fortschrittliche Technik erlaubt das Bewusstsein von Menschen in neue Körper zu übertragen. Unsterblichkeit ist erreichbar, zumindest wenn man dafür zahlen kann. Oder wenn jemand anderes dafür zahlt, wie bei Takeshi Kovacs (Joel Kinnaman), der nach dem Gefängnis in einer neuen Hülle aufwacht. Er soll im Gegenzug einen Mord aufklären, den seines grosszügigen Gönners selbst.

    Visuell läuft Altered Carbon ganz in den Spuren von Blade Runner. Und auch wenn die Serie nicht ganz an das Meisterwerk rankommt, ist sie durchaus ein neonfarbener Augenschmaus. Lediglich die Rückblenden auf einem anderen Plant stechen als nicht ganz so geschliffen heraus, aber sie halten sich in Grenzen.

    Immerhin helfen diese aber, dem ansonsten ziemlich verschlossenen Takeshi mehr Ecken und Kanten zu geben. Kinnaman spielt ihn als klassisch stoisch verbitterten Anti-Helden ohne grosse Emotionen.

    Zum Glück ist Takeshi umringt von einer durchaus diversen Cast. Etwa die fast schon zweite Hauptfigur der Serie: die entschlossenen Polizistin Kristin Ortega, gespielt von Martha Higareda. Oder Renée Elise Goldsberry als Takeshis ehemalige Anführerin, die in Rückblenden und wenig weiteren Szenen auftaucht.  Takeshi im „alten“ Körper wird etwas facettenreicher gespielt von Will Yun Lee. Für Humor sorgt Chris Conner als Hotelleiter-AI Poe, ohne dabei zum nervigen Comedy-Sidekick zu verkommen.

    Altered Carbon 1. Staffel
    Chris Conner als Hotelier A.I. Poe (jawohl, nach dem Autor benannt)

     

    Und Poes Auflockerungen tun dem ansonsten sehr düsteren Cyberpunk-Szenario gut. Überhaupt sind es viele dieser kleineren Nebengeschichten, die Altered Carbon vom Durchschnitt abheben und die Welt lebendig wirken lassen. Die Auslgeichen, dass die Hauptstory ansonsten manchmal davor scheut ihre Thematik wirklich auszuloten.

    So stösst Takeshi bald in die Abgründe der Grossstadt vor, unter anderem Extremformen von Prostituion. Und die Serienmacher nutzen die Thematik zwar gerne als Ausschmückung, aber setzten sich am Ende doch nicht wirklich damit auseinander. Eine darin verwickelt wichtige Figur etwa, wird anschliessend nie moralisch dafür verurteilt.

    Dabei ist die Detektiv-Story durchaus nicht simpel, verschiedene Fadenzieher im Hintergrund sorgen für ein komplexes Flechtwerk, das nicht sofort durchschaubar ist. Was käufliche Unsterblichkeit mit einer Mehrklassengesellschaft anrichten kann, wird solide thematisiert, ebenso wie damit zusammenhängenden Aspekte von Religion. Dabei hebt Altered Carbon aber nie in ganz philosophischen Sphären ab. Nachdenklich machenden Elemente sind geschickt eingewoben in die Neo-Noir Detektiv Story mit nicht nur visuell herausstechenden Actionsequenzen.

    Fazit
    Altered Carbon ist eine Noe-Noir-Detektiv-Story mit Cyberpunk-Flair, harter Action und dubiosen Fädenziehern. Seine holprigen Storyelemente und über-stoischen Helden fängt die Serie durch vielfältige Nebenfiguren wieder ab.

    3.5/5 Sterne

    Altered Carbon ist auf Netflix streambar.

    Altered Carbon, 1. Staffel (2018), USA.

     

    (Titelbild: Katie Yu/Netflix)

     

  • Marvel’s Jessica Jones, Staffel 2 [Review]

    Marvel’s Jessica Jones, Staffel 2 [Review]

    Marvel's Jessica Jones Staffel 2

    Die erste Staffel Marvel’s Jessica Jones stach durch ihre Bereitschaft heraus Superheldenkräfte nicht einfach nur für grosse Action-Szenen, sondern auch als symbolisches Erzählmittel zu nutzen. Die zweite Staffel schlägt ähnliche Pfade ein, geht zugleich aber ihren ganz eigenen Weg.

    In der letzten Staffel hat Jessica Jones (Krysten Ritter) Kilgrave konfrontiert, der sie mit seiner Gabe zur Gedankenkontrolle manipulierte. Dass sie ihn dafür umlegen musste, lässt die Privatdetektivin nicht los, genauso wenig wie ihre restliche Vergangenheit. Sind ihre Superkräfte doch nicht angeboren, sondern Folgen eines illegales Experiment. Den Gedanken daran würde Jessica zwar lieber im Alkohol ertränken, doch seperate Nachforschungen ihrer Schwester Trish (Rachael Taylor) lassen Jessica bald keine andere Wahl mehr, als sich auf die Spuren der Täter zu machen.

    Aufarbeiten von Vergangenem und Beschreiten von neuen Pfaden

    Aber nicht nur Jessica sieht sich mit Dingen konfrontiert, die sie lieber ignorieren würde. Ihr Assistent Malcolm (Eka Darville) sucht nach dem Ende seiner Drogensucht seinen neuen Weg. Jessicas Adoptivschwester Trish kämpft mit Minderwertigkeitsgefühlen, die sich zunehmend mit Eifersucht auf Jessicas Kräfte verbinden. Und die alles kontrollierenden Anwältin Hogarth sieht sich neben dem Tod ihrer Ehefrau mit Fragen über ihr bisheriges Leben konfrontiert.

    Damit ist die Serie erneut weit weg von Superhelden-Action à la Daredevil. Dies gelang in der letzten Staffel nicht zuletzt wunderbar, weil David Tennant als Kilgrave ein perfekter Antagonist abgab. Gelingt es den MacherInnen der Serie also einen Kilgrave 2.0 zu schaffen? Nein, aber sie probieren es zum Glück gar nicht erst. Anstatt krampfhaft einen Ersatz hineinzudrücken, gehen sie neue Wege.

    Viele kleinen Fäden führen zu einem grossen Netz

    So wird die Story dieses Mal vorwiegend durch unterschiedliche Interessen vorangetrieben, die in Jessicas Weg kollidieren. Neben den Verantwortlichen für die Experimente etwa ein rivalisierendes Detektivbüro, das irgendwie mit Hogarth verbunden scheint. Oder Trish, deren eigenen Nachforschungen in Jessicas Vergangenheit zunehmend zu einer gefährlichen Obsession werden. Sowie weitere alte und neue Bekanntschaften.

    Dies führt zu einem Konfliktteppich, der langsam startet, aber am Ende umso dichter, persönlicher und unvorhersehbarer ausfällt. Spätestens ab der sechsten Folge sorgt das Aufdecken einer weiteren Drahtzieherin für eine sehr persönliche psychopathische Bedrohung für Jessica, wenn auch auf einer ganz anderen Ebene als Kilgrave. Es soll nur soviel verraten werden: Die Thematik der Bedrohung zieht sich ab dann ebenfalls in mehreren Figuren geschickt durch die Handlung.

    Das Einzige was dabei neben dem langsamen Einstiegstempo etwas holpert ist Hogarth Erzählstrang, der sich nicht immer ganz sauber in die restliche Geschichte einfügen will. Da die Anwältin aber eine äusserst vielschichtige Figur ist, grandios gespielt von Carrie-Anne Moss, fällt dies nur wenig ins Gewicht.

     Fazit
    Marvel’s Jessica Jones sticht erneut heraus aus den Superhelden-Massen durch einen deutlichen Charakter-Fokus. Ein langsamer Start sorgt für eine dafür umso tiefergehende Auseinandersetzung mit Jessicas Vergangenheit und der Beziehung zu ihrer Schwester Trish.

    4/5 Sterne

    Die zweite Staffel von Marvel’s Jessica Jones ist auf Netflix streambar.

    (Ziprett Review zur ersten Staffel gibt es hier.)

     

    Eigentlich lohnt sich die Serie ja nur schon wegen dem wunderschönen Vorspann:

     

     

    Marvel’s Jessica Jones, Staffel 2 (2018), 10 Folgen, USA.

     

    (Titelbild: David Giesbrecht/Netflix)

  • Cloverfield Paradox [Review] – viel Lärm um Mittelmass

    Cloverfield Paradox [Review] – viel Lärm um Mittelmass

    Cloverfield Paradox

    Netflix ist mit Cloverfield Paradox ein grossartiger PR Stunt gelungen. Noch nie lief ein Filmtrailer während dem Superbowl mit der Ankündigung, dass der Film zwei Stunden später bereits streambar ist. Erst recht nicht einer, der in eine bekannte Franchise eingebettet ist. Leider sagt dies noch nichts über die Qualität des Filmes aus und die war enttäuschend. 

    Cloverfield Paradox kann sich nicht entscheiden, was er eigentlich sein will. Das Ganze startet als durchaus soliden Mystery-Thriller: Crew geht ins Weltall um ein Experiment durchzuführen, das die Energieprobleme auf der Erde lösen soll. Dabei geht etwas schief und plötzlich häufen sich seltsame Vorkommnisse an Bord des Raumschiffes. Das Mysterium verspricht weckt Interesse, auch wenn die Charaktere bereits von Beginn weg ziemlich flach sind.

    Das erste grosse Ereignis nach dem Experiment sorgt dann auch für ordentlichen Grusel-Faktor, es wird bedrückend im All. Und dann… Dann macht der Film plötzlich eine 18o Grad Wende und stürzt mit mehr oder weniger freiwilliger Komik volle Wucht ins B-Movie Territorium.

    Okay, etwas Humor schadet ja nicht, also wird alles halt etwas cheesy. Die nächste Szene will aber plötzlich wieder hochdramatisch sein? Und oh, jetzt passiert hier noch etwas völlig Zufälliges, das noch jemanden umlegt? Hä? Was? Warum? Woher kommt? Ach, ich gebs auf. Scheint als hier jemand einfach zufällige Szenen aneinandergereiht, in denen jeweils wieder jemand sterben darf.

    So zumindest wirkt der Film, man endlich irritiert am Ende ankommt, wo dann noch die obligatorisch Cloverfield-Verbindung angetackert wird. Da verwundert es auch nicht mehr sonderlich, dass der ansonsten grandiose Darsteller Daniel Brühl während dem ganzen Film so wirkt, als wolle er die Sache so rasch als möglich hinter sich bringen. Hauptdarstellerin Gugu Mbatha-Raw kommt dafür umso besser weg, weil sie innerhalb des ganzen Chaos tatsächlich ihren Charakter irgendwie trägt.

    Auch der Bezug zum Cloververse enttäuscht. Es wird zwar im Film erklärt, woher die Monster kommen, aber dies geschieht auf eine total unverbindliche schwammige Weise. Intelligenter Entscheid um sich für zukünftige Filme alle Möglichkeiten offen zu behalten, allerdings nicht sonderlich befriedigend, wenn man eine raffinierte Erklärung erwartet.

    Fazit

    Cloverfield Paradox ist ein chaotischer Mix an zufälligen Szenen mit flachen Charaktere, dessen einzigen interessanter Punkt in der sehr losen Erläuterung zum Clevereres liegt.

    2.5/5 Sterne

    Cloverfield Paradox (2017), Regie: Julius Onah, USA.

    (Quelle Titelbild: Scott Garfield / Netflix)

  • Jessica Jones kehrt mit Trailer zurück!

    Jessica Jones kehrt mit Trailer zurück!

    https://www.youtube.com/watch?v=QK_iX5cPDhE

     

    Mit einem schlagkräftigen Trailer gibt Netflix endlich das Startdatum für die 2. Staffel Jessica Jones bekannt.  Ab dem 8. März 2018 ist die Anti-Heldin und Privatdetektivin wieder in 13. Folgen unterwegs. Die erste Staffel hat mich absolut begeistert, hoffentlich wird die zweite genauso gut.

    Die erste Staffel ist noch immer auf Netflix und auch für Nicht-Superhelden Liebhaber empfehlenswert. Weshalb lässt sich in meiner damaligen Review nachlesen. Zwischendurch war Jessica Jones auch noch in der Superhelden Team-Up Serie The Defenders auf Netflix zu sehen, inwiefern die 2. Staffel darauf Bezug nehmen wird ist noch unklar.

    Auf Entertainment Weekly gibt es ein interessantes (englisches) Interview zur neusten Staffel. Und ein Bild, das daraufhin hindeutet, dass David Tennants für einige Szenen zurückkehrt, vermutlich Rückblenden.

    Showrunner der 2. Staffel sind sind  Melissa Rosenberg, Raelle Tucker,  Jim Chory und Jeph Loeb. In der Hautprolle ist erneut Krysten Ritter als Jessica Jones. Ebenfalls wieder dabei sind unter anderem Rachael Taylor (Trish Walker), Carrie-Anne Moss (Jeri Hogarth) und Eka Darville (Malcolm Ducasse).

  • Into the Forest [Review] – Schwestern-Drama im Dystopie-Gewand

    Into the Forest [Review] – Schwestern-Drama im Dystopie-Gewand

    Into the Forest (2016)

    Nell (Ellen Page) und Eva (Evan Rachel Wood) leben zusammen mit ihrem Vater in einem moderne Haus im Wald. Die jüngere Nell bereitet sich mit der neusten Technik auf ihre College-Aufnahmeprüfung vor, während die ältere Eva in ihrem Tanzraum für die Aufnahme an einer renommierten Ballettschule probt. Die Pläne der Schwestern werden abrupt unterbrochen, als ein ungeklärter Vorfall für einen landesweiten Stromausfall sorgt. Nach einigen Tagen lernen mit alten Bücher und tanzen zum Metronom, ist kein Ende der Stromkrise absehbar. Ein Trip zum nächsten Supermarkt zeigt bereits fast leere Regale, eine Begegnung auf der Strasse deutet auf den ersten gesellschaftlichen Verfall hin.

    Into the Forest ist aber trotz seines Marketing kein Dystopie-Thriller. Im Wald lauert auch kein Serienkiller und was genau die Apokalypse ausgelöst hat, spielt auch keine Rolle. Der Fokus liegt viel mehr auf den beiden Schwestern. Durch den Tod des Vaters plötzlich auf sich alleine gestellt, müssen sie nicht nur lernen von dem zu Überleben was der Wald bietet, sondern sie müssen auch miteinander zurechtkommen. Unterschiedliche Ansichten und Rivalitäten sorgen für Reibungen in einer Welt der knappen Ressourcen. So sehnt sich die Tänzerin danach ihren Körper zu Musik zu bewegen, doch es ist nur noch ein Benzinkanister für den Betrieb des Notfallgenerators übrig.

    Doch genauso wenig wie Nell und Eva manchmal miteinander können, genauso wenig können sie ohne einander. Nell Ist eigentlich die Jüngere, doch nimmt sie bald die treibende Rolle im Überlebenskampf ein. Eva ist die Träumerin, der die harte Realität wesentlich schwerer fällt. Ellen Page und Evan Rachel Wood gehen ganz in ihren Rollen auf, spielen sich wunderbar gegenseitig den Ball zu. So tragen die beiden den Film einwandfrei, obwohl die Geschichte sich fast komplett auf das Haus und den umgebenden Wald beschränkt.

    Dazu versteht es Regisseurin Patricia Rozema mit präzisen Bildern viel auszusagen. So stirbt der Vaters bereits relativ früh, aber Rozema hat die beiden Schwestern und ihre Beziehung zum Vater zu diesem Zeitpunkt bereits derart gut charakterisiert, dass die Szene tief einfährt. Ebenso wie sie den lüsternen Blick des Supermarktverkäufers auf die beiden Schwestern einfängt, oder mit dem langsamen Zerfall des Hauses, dieses ebenfalls zum Teil der Geschichte macht.

    Das einzige was dabei ein wenig verloren geht ist ein übergreifender Handlungsbogen. Das Ende ist zwar ein neuer Abschnitt für die beiden Schwestern, bietet dem Zuschauer aber keinen bequemen Abschluss der Geschichte.

    Bis dahin erzählt Rozema die Geschichte aber in starken Bilder, fängt Düsternis ebenso ein wie Hoffnung und kreiert damit eine low-key Dystopie Erzählung weit ab vom üblichen Einheitsprei. Damit reiht sich Into the Forest perfekt in das ungewöhnliche Portofolio von Filmstudio A24 ein,

    Fazit

    Into the Forest ist ein starkes, intelligentes Dystopie-Drama über die Beziehung zweier Schwestern mit meisterhaften Schauspiel-Leistungen von Ellen Page und Evan Rachel Wood.

    4/5 Sterne

    Into the Forest ist momentan auf NetflixDE, sowie auf Blu-Ray, DVD und digital erhältlich.

     

     

    Into the Forest (2016), Regie: Patricia Rozema, Kanada.

  • Borgman – moderne Version einer Teufels-Sage [Review]

    Borgman – moderne Version einer Teufels-Sage [Review]

    borgman-szene-2

    Das dunkle Mächte ein Haus nur betreten können, wenn sie eingeladen werden, ist ein uraltes Sagenmotiv. Der niederländische Regisseur van Warmerdam schafft mit Borgman eine moderne Version davon, ganz ohne Spektakel, dafür bitterböse.

    Eine gut betuchte Familie mit grossem Anwesen, Mutter, Vater, drei Kinder, Nanny und Gärtner. Wie aus dem Katalog. Eines Abend taucht jedoch der Landstreicher Camiel vor Richards und Marina Haus auf und bittet nach einem Bad und Essen. Als er eine gemeinsame Vergangenheit mit Marina andeutet, rastet Richard aus und richtet den Bittsteller übel zu. Scheinbar angetrieben von Schuld bringt ihn Marina daraufhin heimlich für eine Nacht im Gartenhaus unter. Und holt sich damit den Teufel ins Haus, der von nun an Schritt für Schritt die Familie von Innen zerstört.

    Das Ausnutzen von Richards unbeherrschtem Temperament ist dabei nur der erste Schritt von seinem gezielten Spiel mit Schwächen und Begierden. So fällt Borgman eher in die Kategorie Drama als Horror. Spielt hier doch nicht übersinnliches oder Schockeffekt die Hauptrolle. Tatsächlich bedient sich Camiel fast ausschliesslich modernen, weltlicher Methoden um an sein Ziel zu kommen, wozu er eine Trupp an Helfer an seiner Seite hat. So ist es auch nie Ziel des Filmes eine vollendet Erklärung aller Geschehnisse zu liefern.

    Während die Charaktere immer mehr den Boden unter den Füssen verlieren, geht es dem Zuschauer genau gleich. Regisseur Alex van Warmerdam versteht es meisterhaft visuell irritierende Details einzubauen und Alltagshandlungen in sich zu verdrehen. Konstant fragt man sich so, was hier eigentlich vor sich geht. Eigentlich will man mit dem Ehepaar sympathisieren, aber Camiels gezielte Ausnutzung ihrer Schwächen zeigt deutlich die Risse unter der perfekten Oberfläche.

    Dabei entwickelt sich durch all die seltsamen Vorkommnisse immer wieder Szenen von nordisch dunklem Humor. Anders als bei offensichtlichen schwarzen Komödie, fühlt man sich hier beim Lachen aber häufig wie als Mittäter ertappt und dadurch gelungen zusätzlich irritiert

    Visuell gleich sich der Film der Gestaltung der geordneten Struktur des Familienhauses an. Unaufgeregt und erbarmungslos verfolgt die Kamera das Geschehen.

    Fazit
    Borgman ist verstörend ohne zu schockieren, zugleich komisch und unheimlich, vor allem aber eine erbarmungslose Zerlegung der Schwächen einer scheinbar perfekten Familie. Eine Art moderne Märchen-Erzählung des Teufels, den man besser nicht in das eigenen Familienhaus einlädt.

    4.5/5 Sterne 

    Borgman ist aktuell auf Netflix.

    Borgman (2013), Regisseur: Alex van Warmerdam, Niederlanden/Belgien/Dänemark. 

  • The Invitation [Review] – eine nicht so harmlose Dinner-Party

    The Invitation [Review] – eine nicht so harmlose Dinner-Party

    The Invitation Szenenebild

    Mit The Invitation ist Regisseurin Karyn Kusamas ein grossartiger psychologischer Thriller gelungen, der zum Glück weit weg von ihren letzten Filmen “Jennifers Body (2009)” und “Aeon Flux (2005)” liegt.

    Nach zwei Jahren Funkstille erhalten Will und seine Partnerin Keira eine Einladung von Wills Ex-Frau Eden. Eine Zusammenkunft des alten Freundeskreises soll es werden, der nach der tragischen Trennung von Will und Eden zerbrach.

    Die Dinner-Party startet erwartungsgemäss verklemmt, während alle versuchen an alte Zeiten anzuknüpfen. Dass Edens neue Freunde ganz anders sind als die alten, hilft dabei nicht. Genauso wenig wie die Tatsache, dass das Treffen im ehemaligen gemeinsamen Haus von Will und Edens stattfindet. Es beginnt ein Spiel um gegenseitige Verdächtigungen und Vergangenheitsbewältigung.

    Regisseurin Karyn Kusame setzt dabei ganz auf feine Details und Dialoge. Diese werden von den hervorragenden Schauspielern bestens getragen. Während manche Rollen wie Keira eher blass bleiben, stechen anderen wie Eden und ihre neuen Freunde umso mehr heraus. Kusame gelingt es über den ganzen Film hinweg ein Gefühl von Unsicherheit und Unwohlsein aufrecht zu erhalten, das sich perfekt in die Geschichte eingliedert.

    Sie arrangiert geschickt ein Netz aus sozialen Rollen, Ansprüchen und Regeln, indem sich die Besucher gefangen fühlen, selbst als der Abend zunehmend ungemütlicher wird. Während alle Versuchen den Schein aufrechtzuerhalten, zweifelt Will zunehmend an seiner eigenen Wahrnehmung.

    Die Musik trägt im Hintergrund das Übrige dazu bei dieses Gefühl zu verstärken. Dezent und nur in dialoglosen Szenen präsent, entfaltet sie ihre Wirkung umso stärker.

    Trotzt des ruhigen Tempos lässt einem der Film somit nie in Ruhe, sondern behält den Zuschauer genauso wie Will in einem nervösen Zustand, bis hin zum rasanten Ende.

    Fazit
    The Invitation ist ein sehr ruhiger, subtiler Thriller, der durch ein stetiges Gefühl von Unwohlsein und starke Charakterinteraktionen sein langsames Aufbautempo wett macht.

    4/5 Sterne

    The Invitation ist momentan auf Netflix DE, sowie erhältlich auf Blu-Ray & DVD.

    The Invitation (2015), Regisseurin: Karyn Kusama, USA.

     

  • HUSH – leiser Thriller mit intelligenten Charakteren [Review]

    HUSH – leiser Thriller mit intelligenten Charakteren [Review]

    Hush (2016) Szenenbild

    Alleine lebende Frau, abgelegenes Haus und ein psychopatischer Killer. Ein klassischer Horror-Thriller, der nicht nur sehenswert ist, weil er mit seiner taubstummen Protagonistin etwas Neues wagt.

    Autorin Maddie Young (Kate Siegel) lebt alleine in einem abgelegenen Haus und versucht in Ruhe ihr nächstes Buch fertig zu schreiben. Eines Abends taucht jedoch ein psychopatischer Killer auf, der in der taubstummen Maddie das perfekte Opfer erkennt. Maddie ist alleine auf ihre Sicht und andere Tricks angewiesen, um den Killer zu überlisten.

    Mehr als einmal versetzt Regisseur Mike Flanagan dabei den Zuschauer in Maddies Situation, dreht immer wieder den Ton ab. Gibt Einblick, wie sie die Situation wahrnimmt, um im richtigen Moment den Ton wieder hochzufahren. Gezielte Geräusche mit seltener subtiler Musik bilden den Klangteppich. Nur selten erhält der Zuschauer mehr Informationen als Maddie, meist bleibt er mit ihr im Haus gefangen, nicht ahnend was der Angreifer als Nächstes plant.

    Kate Siegel trägt Maddies Momente blosser Panik ebenso überzeugend, wie ihren Willen weiterzukämpfen. Ihr Angreifer wird bedrohlich gespielt von John Gallagher Jr., der erst kürzlich in 10 Cloverfield Lane (2016) in einer ganz anderen Rolle begeisterte. Dabei verzichtet er bald auf seine Maske und jegliche anderen überzeichnenden Elemente, die Thriller-Killern sonst gerne angehängt werden. Der Angreifer ergötzt sich an seiner deutlichen Überlegenheit. Er weiss, dass er einfach ein Fenster einschlagen könnten, spielt aber lieber mit seiner Beute.

    Dabei haben die beiden Drehbuchautoren Mike Flanagan und Kate Siegel ein Katz und Maus Spiel geschrieben, dass keine billigen Schockeffekte oder extra dumme Charaktere nötig hat. Grosse Wendungen gibt es zwar nicht, aber die subtile Spannung hält von Anfang bis Ende. Spannung, nicht Ekel. Auch auf übermässige Gewaltdarstellung verzichtet Flanagan.

    Fazit
    Die Geschichte ist gradlinig und bis auf die taubstumme Protagonistin nicht bahnbrechend neu. Die gelungene Inszenierung und frische Elemente machen aus Hush dennoch einen leisen, intelligenten und spannenden Kammer-Thriller.

    4/5 Sterne

    Hush läuft momentan nur auf Netflix.

    Hush (2016), Regisseur: Mike Flanagan, USA, Thriller.

     

  • Marvel’s Jessica Jones [Review]

    Marvel’s Jessica Jones [Review]

    Jessica Jones Titelbild

    In einer Filmwelt bevölkert von männlichen Superhelden, setzt sich Jessica Jones nicht nur durch ihr Geschlecht positiv von den restlichen Weltenrettern ab. Die Netflix Serie bringt eine untypische Anti-Heldin und gleicht eher einem Neo-Noir-Thriller, als klassischer Superhelden-Action.

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