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  • Piercing (2018) – fantastischer, selbstironischer Thriller [Review/NIFFF]

    Piercing (2018) – fantastischer, selbstironischer Thriller [Review/NIFFF]

    Man hat Agressionsprobleme und entscheidet sich zur „Beruhigung“ eine Prostituierte in einem Hotel umzubringen. So weit, so klassisch. Reeds (Christopher Abott) minuitöser Plan zersetzt sich aber ins Nichts, als die Prostituierte Jackie (Mia Wasikowska) in seinem Zimmer auftaucht. Diese hat nämlich ihre eigenen speziellen Vorstellungen.

    Es folgt ein raffiniertes Machtspiel um die Oberhand im Geschehen, körperlich, aber noch viel mehr psychologisch. Es entsteht in dieser Nacht eine Beziehung zwischen den Beiden, in der die Rollen Opfer und Täter konstant wechseln. In der Konsent scheinbar ausgehandelt und dann wieder gebrochen wird.

    Die Kamera spiegelt dabei erst Reeds Sicht, beginnt aber irgendwann ebenso Seiten zu wechseln. Reed erhält zwar mehr Hintergrund als Jackie, aber was ihren Machttanz angeht, sind die beiden sicht absolut ebenbürtig. Dies nicht zuletzt, weil Mia Wasikowska als Jackie eine absolute Wucht ist. In ihrer Jackie ist nichts von der unschuldigen Naivität von Mias letzten Rollen (Alice in Wonderland, Crimson Peak)zu finden. Jackie steht mit Reed auf einer Augenhöhe, ohne eine blosse Kopie von ihm zu sein.

    Dabei scheut Regissuer nie davor zurück die Komik der Situatin zu nutzten, ganz im Gegenteil: Piercing ist ein zutiefst selbstironischer Film. Zugleich Hommage und Persiflage von Giallo Filmen und American Psycho – Style. Während die beiden Darsteller ihre Rollen grandios ernsthaft spielen, arbeiten Szenerie, Schnitt und Kamera die Absurdität des Geschehens heraus.

    Es ist dieser Humor der Piercing von einem sehr guten Thriller, zu einem fantastischen schwarzhumorigen Erlebnis macht.

    Fazit
    Piercing ist eine fantastischer selbstironsicher Thriller, der mit seinem Kammer-Machtspiel zwischen zwei ebenbürtigen Gegnern sowohl eine Giallo-Persiflage, als auch liebevolle Hommage ist.

    5/5 Sterne

    Piercing lief am Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) 2018.

    Piercing (2018), Regie: Nicolas Pesce, USA.

    Summar

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  • When The Trees Fall (2018) – [Review/NIFFF]

    When The Trees Fall (2018) – [Review/NIFFF]

    When The Trees Fall (2018)

    Teenagerin Larysa sehnt sich nach einem anderen Leben, als das in der Provinz der Ukraine. Sie schmiedet mit ihrem Freund Scar Pläne dem Kleinstadtleben zu entflüchten. Doch Scar ist ein Roma, Familie und Nachbarn verurteilen die Beziehung. Mutter und Grossmutter versuchen Larysa in „geordnet“ traditionelle Bahnen zu bringen.

    Genauso wie auch Larysa Grossmuster einstmals ihre Liebe zu einem Roma aufgab, um eine traditionelle Familie zu gründen. Die ältere Generation hat sich dem Leben nach Normen und Regeln gefügt, der Nachwuchs hat nun gefälligst zu folgen. Larysas fünfjährige Cousine Vitka darf noch unbeschwert ihrer Vorstellungskraft fröhnen, aber die Teenager sollen die vorgegeben Pfade nehmen. Pfade, die in einer Stadt von dieser Grösse ziemlich klein sind.

    Diese Gefühl von Eingeengtheit, die Sehnsucht nach einer andere Lebensweise, fängt Regisseurin Marysia Nikitiuk in ruhigen, ausdrucksstarten Szenen ein. Meist verlässt sie sich dabei auf wenige Worte, kleine Gesten Ausdruck ihrer Darstellerinnen, selten schimmert Vitkas Vorstellungskraft als Gegenstück zur engen Realität durch.

    Die Erzählung kommt mehrheitlich ohne grosse Ereignisse aus. Larysa will weg, sie schafft es aber nicht selbst ein Feuer zu entfachen und Scar ist bald mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. Beide kämpfen mit den Einschränkungen ihrer Herkunft, die ihnen kaum abweichende Wege offen lässt.

    When The Trees Fall ist keine wilde Rebellionsgeschichte, sondern die Beobachtung einer sich langsam schliessenden Schlinge. Dabei nimmt sich der Film manchmal zu viel Zeit in der Beobachtung zu schwelgen, macht diese aber mit anderen emotionalen und wünderschön gefilmten Szenen wieder wett.

    Fazit
    When The Trees Fall kommt nicht mit einem packend traditionellen Erzählrahmen daher, Regisseurin Nikitiuk kreirt aber gerade durch die ruhigen Erzählweise Szenen voller Ausruckskraft, die in bezaubernd gefilmten Bildern daherkommen.

    3.5/5 Sterne

    When The Trees Fall läuft nochmal am Neuchâtel International Fantastic Film Festival am 13.07.2018 um 17:15.

    When The Trees Fall / Koly padayut dereva (2018), Regie: Marysia Nikitiuk, Ukraine/Polen/Republik von Mazedonien.