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  • Rückblick: Zwei Tage 13. Zurich Film Festival, fünf Favoriten

    Rückblick: Zwei Tage 13. Zurich Film Festival, fünf Favoriten

    Nur zwei Tage habe ich es diese Jahr and das 13. Zurich Film Festival geschafft. Dass hat trotzdem für acht Filme gereicht, von denen mich fünf persönlich wirklich begeistert haben. 

     

    1. The Racer and the Jailbird / La Fidéle
    Regie: Michaël R. Roskam


    Das Romantik-Genre ist normalweise nicht so mein Ding, zum Glück hat La Fidèle trotz einer Liebesgeschichte damit so gar nix zu tun. Stattdessen gibt es unglamouröses Gangster-Milieu und eine Rennfahrerin. Gefiel mir so gut, dass ich sogar über die weibliche Aufopferung am Ende hinwegsehen konnte, immerhin stehen sich die beiden aber für den Rest des Filmes gleichwertig gegenüber. Visuell ebenfalls ein Augenschmaus. Im Dezember übrigens in den CH-Kinos.

    Langes Ziprett Review hier.

     

    2. Custody / Jusqu’à la garde
    Regie: Xavier Legrand


    Ging ich eigentlich nur schauen, weil sonst grade nichts anderes lief und ein Kollege hin ging. Hat mich für die Dauer von 93 Minuten in ein tiefschwarzes Loch gesogen und ziemlich fertig wieder ausgespuckt. Die Geschichte über einen Sorgerechtsstreit und gewältigen Vater ist keine leichte Kost, da wirklich gut gemacht. Kamera und Schauspieler fangen die Bedrohung durch den Vater beängstigend gut ein.

     

    3. Kills on Wheels / Tiszta szívvel
    Regie: Atilla Till

    Zoli und Barba sind Teenager mit starker Mobilitätsbeeinträchtigung und leben in einem Heim für begleitetes Wohnen. Ihr Alltag nimmt eine unerwartete Wende als sie von Rupaszov rekrutiert werden, der mit gelähmten Beinen im Rollstuhl Auftragsmorde durchführt. Regisseur Attila Till nimmt diese absurde Ausgangslage und macht eine wunderbar schwarze Coming-of-Age Komödie mit viel Herz draus. Ab und zu zündet der Humor etwas flach (hahaha, er hat ein Fluchwort gesagt, wie lustig), aber zum Grossenteil funktioniert er bestens, besonders die Situationskomik. Dass die beiden Hauptdarsteller nur Laien sind, merkt man ihnen zudem nicht im Geringsten an.

     

    4. Sarah Plays A Werewolf / Sarah joue un loup-garou
    Regie: Katharina Wyss

    Die 17-jährige Sarah hat auf der Schauspielbühne eine unglaubliche Präsenz, im echten Leben ist sie eine introvertierte Teenagerin, die sich in Gedankenwelten flüchtet. Sarah restriktive Familie erstickt sie zunehmend. Die Mutter kann der Tochter keinen Freiraum geben und unterwirft sich dem Vater. Dieser geniesst es eine „halt speziell sensitive“ Tochter zu haben, anstatt Sarahs Leiden zu erkennen. Und macht keinen Hehl daraus, dass er sie nicht nur als Tochter begehrt. Sarahs Versuche ausserhalb ihrer Familie Vertraute zu finden, scheitern an ihrer sozialen Ungeschicktheit. Je lauter Sarahs Hilfeschrei wird, desto mehr isoliert sie sich durch ihre Verhalten von ihrem Umfeld. Genau wie Sarah wechselt der Film zwischen Sarahs Gedankenwelt und der Realität. Mit einfachen Mitteln zeichnet Regisseurin Katharina Wyss das zunehmend eskalierende Innenleben der Teenagerin. Grossartig dabei auch Loane Balthasar als Sarah, die selbst in ruhigen Szenen Sarahs inneren Tumult in jedem Gesichtszug zeigt. Ein tatsächlicher Werwolf findet sich hier nicht, aber eine Menge verdrängter Emotionen, die an die Oberfläche wollen.

     

    5. Brigsby Bear
    Regie: Dave McCary


    Kam zum Glück gleich nach Custody. Die abgedrehte Coming-of-Age Story hat mich leichtfüssig wieder aus meinem Loch geholt. James  wird als Kind entführt und wächst mit seinen „Eltern“ in einem Bunker auf. Sein einziger Kontakt zur Aussenwelt und grosse Leidenschaft ist die Kinder-TV-Show Brigsby Bears Abenteuer. Als er schliesslich befreit wird, realisiert er, dass die Show ebenfalls von seinen Entführer extra für ihn gemacht wurde. Daraufhin beschliesst er kurzerhand einen abschliessenden Brigsby Film selbst zu drehen. Seine Obsession wird zu seinem Hilfsmittel, um sich ihn der für ihn neuen Welt zurechtzufinden. Wunderbar schrullig ohne komplett zu überdrehen.

     

     

    Das 13. Zurich Film Festival war vom 28. September 2017 bis am 8. Oktober 2017 in Zürich.

     

     

     

  • Le Fidèle / The Racer and the Jailbird [Review/ZFF]

    Le Fidèle / The Racer and the Jailbird [Review/ZFF]

    Dass Regisseur Michaël R. Roskam ein Händchen für Gangster-Thrillers hat, bewies er bereits mit seinem letzten grossartigen Film The Drop (2014) bewiesen. In Le Fidèle nutzt er dies als Setting für eine rasante Liebesgeschichte.

    Bibi (Adèle Exarchopoulos) ist eine Autorennfahrerin aus gutem Hause, Gigi (Matthias Schoenaerts) aufgewachsen im Crime-Milieu und Teil einer Gang. Romeo und Juliette könnte man sagen, aber würde damit dem Grossteil des Filmes Unrecht tun. Obwohl Bibi sich nämlich durchaus mit einer naiven Unerfahrenheit auf Gigi einlässt, stellt der Film die beiden ansonsten stehts auf gleiche Ebene. Bibi ist das weibliche Alpha-Gegenstück zu Gigi. Zumal die beiden Darsteller eine unbestreitbare gute Chemie untereinander haben. Bibi ahnt das Gig etwas verbirgt, findet vielleicht aber genau dies neben Bibis charmanter Art ebenso reizvoll wie die Geschwindigkeit in ihrem Auto zu spüren.

    Besagte Fahrszenen sind dabei genauso ein Augenschmaus wie der Rest des Filmes. Roskam hat eine Vorliebe für perfekt abgestimmte erdig-dunkle Farbpaletten, die auch in Le Fidèle wunderbar passen. Daneben spielt er mit Licht und Schatten. Genause wie viele Figuren in Le Fidèle etwas zu verbergen haben, verbirgt Roskam häufig Teile von Gesichter und Geschehnissen im Schatten und spielt mit Kontrasten.

    Als Gigis kriminelle Aktivitäten schliesslich aus dem Schatten tretten, geschieht dies natürlich nicht durch ein Geständnis seinerseits. Ein misslungener Transportüberfall lässt ihn und seine Gang auffliegen. Ein Überfall, der übrigens genauso wenig beschönigt wird wie der Rest des Miliue. Roskam badet nicht im Gangster-Glamour, seine Geschichte liegt näher an der dreckigen Realität.

    Genauso wie die Realität ist dann auch La Fidèle nicht vorhersehbar. Nachdem das Chaos erst einmal an die Oberfläche gebrochen ist, gibt es so schnell nicht mehr Ruhe. Geplante und ungeplante Geschehnisse zerren an Gigi und Bibi.

    Leider kommt damit auch der einzige Wehrmutstropfen im Film: Mit zunehmende Lauf wird Bibi von Gigis Gegenstück zur Märtyrerin und der Film fällt in das alte Muster von der aufopfernde weiblichen Liebe. Immerhin macht Rosman aber auch dann Gigi nicht zur passiv Leidenden, sondern lässt sie selbst aktiv und nicht ohne Spuren von Egoismus in ihr Märtyrertum laufen.

    Fazit

    Eine unvorhersehbare Gangster-Thriller-Liebesgeschichte weitab von Zucker-Glamour und trotzdem ein visueller Augenschmaus. Einer der besten Filme des diesjährigen ZFF.

    4.5/5 Sterne

    Le Fidèle läuft ab dem 21.12.2017 in den Deutschschweizer Kinos und lief am 13. Zurich Film Festival.

     

    Le Fidèle. Reg.: Michaël R. Roskam, Belgien/Niederlanden/Frankreich.