Dass Regisseur Michaël R. Roskam ein Händchen für Gangster-Thrillers hat, bewies er bereits mit seinem letzten grossartigen Film The Drop (2014) bewiesen. In Le Fidèle nutzt er dies als Setting für eine rasante Liebesgeschichte.

Bibi (Adèle Exarchopoulos) ist eine Autorennfahrerin aus gutem Hause, Gigi (Matthias Schoenaerts) aufgewachsen im Crime-Milieu und Teil einer Gang. Romeo und Juliette könnte man sagen, aber würde damit dem Grossteil des Filmes Unrecht tun. Obwohl Bibi sich nämlich durchaus mit einer naiven Unerfahrenheit auf Gigi einlässt, stellt der Film die beiden ansonsten stehts auf gleiche Ebene. Bibi ist das weibliche Alpha-Gegenstück zu Gigi. Zumal die beiden Darsteller eine unbestreitbare gute Chemie untereinander haben. Bibi ahnt das Gig etwas verbirgt, findet vielleicht aber genau dies neben Bibis charmanter Art ebenso reizvoll wie die Geschwindigkeit in ihrem Auto zu spüren.

Besagte Fahrszenen sind dabei genauso ein Augenschmaus wie der Rest des Filmes. Roskam hat eine Vorliebe für perfekt abgestimmte erdig-dunkle Farbpaletten, die auch in Le Fidèle wunderbar passen. Daneben spielt er mit Licht und Schatten. Genause wie viele Figuren in Le Fidèle etwas zu verbergen haben, verbirgt Roskam häufig Teile von Gesichter und Geschehnissen im Schatten und spielt mit Kontrasten.

Als Gigis kriminelle Aktivitäten schliesslich aus dem Schatten tretten, geschieht dies natürlich nicht durch ein Geständnis seinerseits. Ein misslungener Transportüberfall lässt ihn und seine Gang auffliegen. Ein Überfall, der übrigens genauso wenig beschönigt wird wie der Rest des Miliue. Roskam badet nicht im Gangster-Glamour, seine Geschichte liegt näher an der dreckigen Realität.

Genauso wie die Realität ist dann auch La Fidèle nicht vorhersehbar. Nachdem das Chaos erst einmal an die Oberfläche gebrochen ist, gibt es so schnell nicht mehr Ruhe. Geplante und ungeplante Geschehnisse zerren an Gigi und Bibi.

Leider kommt damit auch der einzige Wehrmutstropfen im Film: Mit zunehmende Lauf wird Bibi von Gigis Gegenstück zur Märtyrerin und der Film fällt in das alte Muster von der aufopfernde weiblichen Liebe. Immerhin macht Rosman aber auch dann Gigi nicht zur passiv Leidenden, sondern lässt sie selbst aktiv und nicht ohne Spuren von Egoismus in ihr Märtyrertum laufen.

Fazit

Eine unvorhersehbare Gangster-Thriller-Liebesgeschichte weitab von Zucker-Glamour und trotzdem ein visueller Augenschmaus. Einer der besten Filme des diesjährigen ZFF.

4.5/5 Sterne

Le Fidèle läuft ab dem 21.12.2017 in den Deutschschweizer Kinos und lief am 13. Zurich Film Festival.

 

Le Fidèle. Reg.: Michaël R. Roskam, Belgien/Niederlanden/Frankreich.