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Was nach einer kitschigen Romanze klingt, ist ein ernstes Portrait einer jungen Frau im 19. Jahrhundert, die eingeengt, unterdrückt und in die Ecke gestellt zu drastischen Massnahmen für ihre Freiheit greift.

Katherine wird jung mit dem viel älteren Alexander verheiratet. Dieser will lediglich die unbesetzte Rolle der Ehefrau besetzten und zeigt ansonsten keinerlei Interesse an ihr. Im Haus soll sie bleiben und die Bibel studieren. Nicht einmal zum gemeinsamen Geschlechtsverkehr ist er fähig, um den gewünschten Erben zu zeugen. Als sowohl ihr Ehemann, als auch der Schwiegervater Katherine für eine längere Reise alleine ihm Haus zurücklassen, nutzt Katherine die Gelegenheit endlich nach draussen zu kommen. Dabei lernt sie den neuen Stallburschen Sebastian kennen, der ungeahnte Leidenschaft in ihr entfacht.

Regisseur William Oldroyd verzichtet auf einer Zeichnung von Katherine vor ihrer Hochzeit. Der Film fokussiert auf ihren Leidensweg und den daraus folgenden Handlungen. Überhaupt finden keine grossen Erläuterungen statt. So wird vom Publikum auch eine selbständige Einordnung in den historischen Kontext und den damit verbundenen Rollen von Mann und Frau verlangt. Wer sich damit kaum auskennt, dürfte Katherines Handlung weniger nachvollziehbar finden. Als Ehemann und Schwiegervater zurückkehren ist sie nämlich nicht mehr so rasch bereit ihre neu erfahrene Freiheit wieder aufzugeben.

Florence Pugh gelingt es hervorragend Katherine Innenleben hinüber zu bringen. Ihre Hilflosigkeit, Langweile, Isolation und schliesslich zunehmende Verzweiflung und Kämpferwille während immer mehr Verstrickungen zu einer Spirale aus immer kälteren Folgetaten führen.

Genauso subtil wie der Erzählstil ist die Musik. Nur selten eingesetzt, bleibt sie im Hintergrund, zeichnet aber dennoch markant die Szenen. Die Kamera ist stets nah bei den Charakteren, nimm ihre Perspektiven ein. So auch die einengende Wirkung des Hauses auf Katherine. Opulentes schwelgen im historischen Setting findet man in Lady Macbeth folglich nicht. Düster, eng und rustikal wirkt die Ausstattung.

Grandios sind auch Paul Hilton und Christopher Fairbank als Ehemann und Schwiegervater. Beide Figuren wirken absolut abstossend, verkommen aber  dennoch nicht zu blossen Klischeeschablonen.

Sie werden allerdings überstrahlt von Naome Ackie als Dienerin Anna, die sich unschuldig mitten in den Geschehnissen wiederfindet. Naomi bringt eine unglaubliche Präsenz mit, die trotzt nur wenigen Szenen sofort Interesse für Ana weckt.

Fazit

Lady Macbeth ist die Geschichte einer jung verheirateten Frau im 19. Jahrhundert, die verloren, isoliert und eingeengt mit drastischen Handlungen gegen ihre Umwelt ankämpft. Ein beeindruckendes feines Kammerspiel fernab von historischen ausgeschmückten Epos-Dramen.

4/5 Sterne

Lady Macbeth lief am 12. Zurich Film Festival.

UPDATE: Lady Macbeth läuft seit dem 17.08.17 in den Schweizer Kinos.

Lady Macbeth (2016), Regisseur:William Oldroyd, UK.