Das Found Footage Horror Genre ist schon ziemlich flachgetreten, doch den Regisseuren von The Dark Tapes gelingt es Frische hineinzubringen. Mit vier Geschichten, einer Rahmenstory und einem Genre-Mix von Horror, Mystery und Sci-Fi überraschen Michael McQuown und Vincent J. Guastini trotz kleinem Budget.

Der Einstieg verlangt etwas Geduld. Zwei Kollegen finden von ihrem verschwundenem Freund Dr. Martin Callahan nur noch ein paar seltsame wissenschaftliche Geräte und Videokassetten vor. Als sie die Kassetten abspielen, entdecken sie, dass Martin die Existenz von realen Dämonen während der sogenannten Schlafstarre beweisen wollen. Die erste Story „How to Catch a Demon“ beginnt und es folgt erstmal ein Haufen Theorie-Gerede von Martin. Glücklicherweise setzt dieses aber die Basis für ein ausgezeichnetes „Show-don’t-Tell“ Horror-Segment, dass für aufgestellte Nackenhaare sorgt.

Dabei wird „How to Catch a Demon“ mehrmals von den anderen drei Anthologie-Geschichten unterbrochen. Alle starten als altbekannte Musters: „The Hunter & The Hunted“ ist ein Haunted House im Stil von Paranormal Activity. „Cam Girls“ ist eine Camgirl-Sitzung, die bald unheimliche Züge annimmt und „Amanda‘s Revenge“ erzählt von Amanda, die ihre Vergewaltigung offenbar mit einer Alien-Geschichte zu verdrängen scheint.

Nur „Cam Girls“ ist am Ende aber wirklich genau das, was es scheint und damit auch der schwächste Part des Film. Es gibt durchaus solide inszeniertes Blut, Lesbengeknutsche und unheimliches Bildgeflimmer, das Ganze bleibt am Ende aber vergesslich.

Die anderen beiden Segmente überraschen aber mit ungewöhnlichen Ansätzen. Über „The Hunters & The Hunted“ will ich deswegen gar nicht zu viel sagen. Der Horror-Part funktioniert bestens und dann wird alles noch besser. „Amanda’s Revenge“ zieht seine Stärke aus der ungewöhnlichen Erzählweise. Aus der Perspektive eines Freundes von Amanda erzählt, der versucht ihr zu helfen, hat die Geschichte einen ungewöhnlichen Verlauf.

Alle haben gemeinsam, dass Atmosphäre klar vor Schockeffekten kommt. In allen wird die Spannung zunehmend aufgebaut, um mit einem kräftigen Finale zu enden. Viel wird der Fantasie des Zuschauers überlassen, klassische Horror-Muster genutzt, um die Vorstellung im Kopf in die gewollte Richtung zu lenken. In den wenigen Momenten in denen das Übersinnliche doch sichtbar wird, ist das kleine Budget sichtbar (gemäss IMDB gerade mal geschätzte 65‘000 US-Dollars). Doch statt computergenierten Effekte setzten die Regisseure dann auf gelungene Masken und schummriges Licht, was dem Film zuträglich ist. Gar nichts auszusetzen gibt es an den Darstellern, die alle ihre Rollen füllen. Selbst dann, wenn es mal wieder etwas weniger Sinn macht, dass da jetzt noch mit der Kamera gefilmt wird.

Fazit
Wer Horror-Anthologien mag, kann The Dark Tapes ruhig einen Blick gönnen. Trotz einem vergessbaren Segment, überzeugen die drei anderen Geschichten mit subtiler Atmosphäre, überraschende Wendungen oder ungewöhnlichen Erzählstrukturen.

3.5/5 Sterne

The Dark Tapes ist weltweit in englischer Sprache erhältlich zum Kauf und Miete in digitaler Form auf Vimeo. 

 

 

The Dark Tapes (2017), Reg.: Vincent J. Guastini, Michael McQuown, USA.